Kürzungen Mindestsicherung Tirol: Kinder und ihre Zukunftschancen bedroht
Gesetz produziert persönliche Notlagen und gesellschaftliche Folgekosten
(15.05.2017) „Die geplanten Kürzungen betreffen Familien, Alleinerziehende, PensionistInnen, Menschen mit gesundheitlichen Problemen oder Behinderungen, ArbeitnehmerInnen und Arbeitssuchende gleichermaßen“, analysiert die Armutskonferenz, das Netzwerk von über 40 Initiativen aus sozialen Organisationen, Selbsthilfeinitiativen, Wissenschaft, Bildungseinrichtungen und Armutsbetroffenen. „Diese Einschnitte werden zahlreiche persönliche Notlagen, gesellschaftliche Folgen samt Folgekosten mit sich bringen.“ Dramatische Einschnitte sind insbesondere in folgenden Bereichen geplant:
- Deckelung der Wohnkosten: die tatsächlichen Mieten werden nicht mehr übernommen. Mietrückstände und Delogierungen sind vorprogrammiert.
- Kürzung des Mindestsatzes für Kinder
- Streichung der Sonderzahlungen: Trifft ArbeiterInnen, PensionistInnen ohne Ausgleichszulage und Arbeitslose.
Kinder und ihre Zukunftschancen bedroht
Von der Kürzung des Lebensunterhaltes werden besonders folgende Personen betroffen sein:
- Minderjährige Kinder: Angesichts der Tatsache, dass die Mindestsätze schon jetzt nur zur Deckung des unmittelbaren Bedarfes reichen, entzieht die geplante Kürzung Familien mit mehreren Kindern die Existenzgrundlage und bringt damit auch die Zukunftsperspektiven der Kinder ernstlich in Gefahr. Dies steht dem deklarierten Ziel des Gesetzes, Armut und sozialer Ausgrenzung nachhaltig entgegenzuwirken und folglich auch eine „Vererbung“ von Armut über Generationen zu vermeiden, diametral entgegen.
- Auch volljährige Kinder im gemeinsamen Haushalt mit ihren Eltern sind durch massive Kürzungen des Lebensunterhaltes bedroht. So wird bei Bezug der Familienbeihilfe die Mindestsicherung reduziert. Dies ist eine ausbildungsfeindliche und diskriminierende Vorgehensweise und torpediert die Entwicklungschancen junger Menschen.
- Die Kürzung der Mindestsätze für Personen in Wohngemeinschaften geht an der empirischen Realität vorbei, zumal in WGs nur in Ausnahmefällen eine gemeinschaftliche Teilung von Einkommen und Ausgaben erfolgt. Besonders dramatisch wirken sich die geplanten Kürzungen bei Menschen in Ausbildung und/oder mit Behinderung aus, denen bei Bezug der Familienbeihilfe nur noch ein sehr geringer Betrag zur Deckung des Lebensunterhaltes zusteht.
- Zuletzt wird die geplante Streichung der Sonderzahlungen die Lebensverhältnisse der Betroffenen zusätzlich verschlechtern. Die Sonderzahlungen entsprechen dem im Gesetz verankerten Ziel, auch Menschen die von Armut betroffen sind, eine kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Dies wird durch die Kürzungen torpediert. Die Lebenserhaltungskosten in Tirol steigen – die Kürzungen entbehren somit jeder sachlichen Grundlage und stehen einer wirksame Armutsbekämpfung entgegen.
Weitere Informationen:
Stellungnahmen zum Entwurf des Tiroler Mindestsicherungs-Gesetzes (Novelle 2017): DOWAS Innsburck (pdf), SPAK Tirol (pdf)
Weitere Hintergrundinformationen und Stellungnahmen: http://www.dowas.org/index.php/mindestsicherung