Armutskonferenz: Armut wird in Kauf genommen
Aufruf: Grundrechte statt Almosen, Chancen statt Abstieg, sozialer Ausgleich statt Spaltung, Achtung statt Beschämung!
(08.03.2018) „Niemand ist offiziell für Armut. Aber Armut wird mittlerweile einfach in Kauf genommen“, kritisiert die Armutskonferenz, die mit 400 Teilnehmer/innen aus Wissenschaft, Selbsthilfeinitiativen, sozialen Organisationen, Bildungseinrichtungen und Armutsbetroffenen in Salzburg stattfand. „Es braucht Grundrechte statt Almosen, Chancen statt Abstieg, Achtung statt Beschämung, sozialen Ausgleich statt Spaltung!“
Soziale Schere schadet Land und Leuten
„Geht die Schere zwischen arm und reich auf, heißt das mehr Krankheiten und geringere Lebenserwartung, mehr Teenager-Schwangerschaften, mehr Status-Stress, weniger Vertrauen, mehr Schulabbrecher, vollere Gefängnisse, mehr Gewalt und mehr soziale Ghettos“, weist die Armutskonferenz darauf hin, dass „die soziale Schere für viel zu viele Menschen Zukunft abschneidet“. Wer die Situation von Mindestsicherungsbeziehern und -bezieherinnen weiter verschlechtert, Arbeitslose statt Arbeitslosigkeit bekämpft, die Chancen im Bildungssystem blockiert, sozial Benachteiligte zu Sündenböcken macht, wer Zwangsinstrumente gegen Arbeitssuchende einsetzt oder prekäre Niedriglohnjobs fördert, der verschlechtert die Situation im Land.
Die soziale Schere zwischen Arm und Reich schadet der ganzen Gesellschaft. Auch der Internationale Währungsfonds, die Weltbank oder die OECD weisen auf den Preis sozialer Polarisierung hin: Zunehmende Ungleichheit schwächt die Wirtschaftskraft eines Landes, sie gefährdet den sozialen Zusammenhalt und schafft politische Instabilität – aber sie ist nicht unausweichlich.
Soziale Investitionen zahlen sich aus: Bildung, Pflege, Wohnen, Gesundheit
Wir könnten viel tun. Armut ist kein Naturereignis, das es mit jeder frischen Statistik neu zu bestaunen gilt. Es gibt genügend Instrumente und Möglichkeiten in der Schule, beim Wohnen und mit sozialen Dienstleistungen gegenzusteuern.
Grundsätzlich helfen Einkommensarmen Investitionen in Dienstleistungen, die sie im Alltag unterstützen: von der Kinderbetreuung, der Frühförderung, Beratungsangebote für Menschen in sozialen Notlagen, oder auch Wohnangebote für Jugendliche, die es im Leben schwerer haben, Schuldenberatung bis hin zu Pflegehilfen. Hier entstehen Win-win-Situationen zwischen Einkommen, Arbeitsplätzen, Frühförderung von Kindern und Pflegeentlastung Angehöriger. Auch ein Bildungssystem, das den sozialen Aufstieg fördert und nicht sozial selektiert, wirkt. Auf die neuen sozialen Risken wie prekäre Jobs oder psychischen Erkrankungen muss angemessen sozialpolitisch reagiert werden. Und nicht zuletzt helfen Jobs, von denen man leben kann, so die Armutskonferenz. Auch im Gesundheitsbereich gibt es eine Reihe von Baustellen: Die bessere Versorgung mit psycho-sozialen Notdiensten – gerade im ländlichen Bereich; leistbare Psychotherapie-Angebote; uneingeschränkter Zugang zu Gesundheits- und Rehabilitationsmaßnahmen für Menschen mit multiplen Beeinträchtigungen.
Achtung!
Die 11. Armutskonferenz machte die Abwertungsspirale und das Ringen um Anerkennung, Wertschätzung und Würde zum Thema. Armut ist nicht nur ein Verlust an Einkommen. Armut ist stets verbunden mit einem Verlust an sozialem Status. In der Geschichte wurden immer wieder die jeweiligen Verlierergruppen eines grundlegenden sozialen Wandels für ihre verschlechterte ökonomische Lage selbst verantwortlich gemacht, beschimpft und abgewertet.