"Wenn man nichts tun kann, dreht man durch"
„Leonie“ (28) ist Alleinerzieherin eines vierjährigen Sohnes und bezieht seit Anfang 2016 die Bedarfsorientierte Mindestsicherung. Dass es ihr „ganz gut geht“ liegt an einem Netz an helfenden Verwandten und Freunden. Ein Kurzporträt von Silke Ruprechtsberger.
Es gab Zeiten, da erhielt sie nur 120 Euro Notstandshilfe im Monat, dazu kamen Kinderbeihilfe und Alimente für ihren mittlerweile vierjährigen Sohn. „Das war schon hart. Aber ausgegangen ist es sich immer irgendwie. Auch, weil wir bei meiner Mutter wohnen können“, sagt die 28jährige Frau, die im Bericht „Leonie“ genannt werden will.
Als sie nach drei Jahren Lehre in einem Floristenbetrieb dort keine Lehrabschlussprüfung machen konnte, suchte sie mehrere Jahre vergeblich einen Lehrherren, der ihr die Prüfung abnehmen würde. Danach setzten sie gesundheitliche Probleme für über ein Jahr außer Gefecht: Auf eine Schilddrüsenoperation folgte eine langwierige Knieverletzung („Ich durfte das Knie nicht belasten und konnte nur herumhumpeln.“) Weil sie nach dem Krankenstand keine Stelle fand, vermittelte ihr das AMS einen mehrmonatigen Kurs, in dem unter anderem das Verfassen von Lebenslauf und Bewerbungen trainiert wurde. Danach folgten weitere zwei Jahre Arbeitslosigkeit und nach der Geburt ihres Sohnes vier Jahre Karenz.
Seit Anfang Jänner bezieht die junge Frau Mindestsicherung: „Ich wusste nichts davon. Ein Bekannter hat mir gesagt, dass es diese Möglichkeit gibt und mir geraten, es zu versuchen.“ Auf der Bezirkshauptmannschaft habe man ihr „freundlich und genau erklärt, wo ich überall hin muss und was ich brauche.“ Auch danach ging alles relativ schnell: „Ich habe vielleicht ein Monat auf den Bescheid gewartet“, ist sie heute noch froh.
„Ohne die Mindestsicherung hätte ich nicht gewusst, wie wir tun. Es ist gut, dass es sie gibt. Jetzt geht es uns ganz gut“, sagt Leonie. Rund 10 Euro am Tag bleiben insgesamt nach dem Abzug der Fixkosten für sie und ihren Sohn für Essen, Kleidung, Hygieneartikel und sonstige Dinge des täglichen Bedarfs. Zudem greifen Verwandte, Freunde und Bekannte der Alleinerzieherin unter die Arme, erzählt sie dankbar. „Wir helfen alle zusammen, das war immer so. Auch, wenn meine Mutter selbst nur eine kleine Witwenpension hat und mein Bruder arbeitslos ist.“
Den Traum, die Lehrabschlussprüfung doch noch zu schaffen („Das kostet 1.000 Euro, die habe ich nicht“) hat Leonie aufgegeben. Sie hofft aber inständig, künftig eine Teilzeitstelle als Floristin oder auch als Landschaftspflegerin zu finden. „Ich war so lange daheim. Vor allem, als ich wegen des Knies nur sitzen oder liegen konnte war es schlimm. Wenn man nichts tun kann, da dreht man ja durch. Und nach dem Krankenstand kam eben mein Sohn zur Welt.“
Seit Mai arbeitet Leonie nun 25 Stunden bei „fairwurzelt“. Dieses niederösterreichische soziale Unternehmen arbeitet im Bereich Grünraumpflege und stellt Biogewürze, Tees und andere Produkte aus dem Garten her. Gleichzeitig erhalten benachteiligte Frauen auf diese Weise Unterstützung auf dem Weg zurück ins Erwerbsleben. Diese Unterstützung erfolgt in mehreren Stufen von stundenweiser Beschäftigung bis zum Transitarbeitsplatz. Für Leonie wäre die nächste Stufe eine Vollzeitbeschäftigung ab November, befristet auf ein Jahr. Aus gesundheitlichen Gründen und weil ihr Sohn noch so klein ist, ist sich Leonie nicht sicher, ob sie eine Vollzeitstelle kräftemäßig schafft. Aber eine dauerhafte Arbeit als Floristin oder Landschaftspflegerin will sie sehr gerne.
Derzeit fühlt sich die junge Frau bei „fairwurzelt“ gut aufgehoben: „Draußen arbeiten, im Garten Blumen pflanzen, so was ist genau meins“, sagt sie. Und: „Wir haben auch eine Gaudi hier und wir sind ein richtiges Team. Schade, dass wir hier nicht langfristig bleiben können.“
Veröffentlicht am 20.05.2016.