Armutskonferenz appelliert an Landesregierungen die neuen Sozialhilfegesetze zu Gunsten der sozialen Sicherheit der betroffenen Menschen zu gestalten
Checkliste umfasst 18 Kernbereiche für die Erstellung der Landesgesetze
Die Abkehr von der Mindestsicherung durch das verabschiedete „Sozialhilfe-Grundsatzgesetz“ bleibt auch nach Aufhebung zentraler Bestimmungen durch den VfGH ein Rückschritt in der Armutsbekämpfung in Österreich. Das neue Gesetz untergräbt soziale Sicherheit und wird bestehende Armutslagen verschärfen, degradiert Betroffene erneut zu „Bittstellern“ und eröffnet neue Hürden und Unsicherheiten, mit denen Menschen in schwierigen Lebenssituationen konfrontiert werden. Dazu kommt, dass verschiedene Personengruppen, die sich in der gleichen Situation befinden, und die gleichen Lebenserhaltungskosten zu bestreiten haben, ungleich behandelt werden.
Eine Absicherung des Lebensbedarfes auf menschenwürdigem Niveau kann nur durch Mindeststandards gelingen. Das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, das nun für die Landesgesetze den Maßstab bildet und viele Vorgaben normiert, lässt diese notwendigen Mindeststandards vermissen. Stattdessen werden Grenzen gezogen und lebensfremde Begrenzungen durch sogenannte (betragsmäßige) „Höchstgrenzen“ definiert.
Wir richten daher unseren dringenden Appell an die Landesregierung, in der Ausgestaltung des Landesgesetzes alle Möglichkeiten zu Gunsten der sozialen Sicherheit der betroffenen Menschen auszuschöpfen und sich damit in unserem Bundesland zu einer solidarischen Werthaltung und zur Bekämpfung und Prävention von Armut zu bekennen. Das bisherige sozialstaatliche Sicherungssystem in Österreich hat sozialen Ausgleich geschaffen und entscheidend zur sozialen Stabilität in unserem Land, auch während der Finanz- und Wirtschaftskrise, beigetragen. Davon profitieren wir alle.
Folgende 18 Kernbereiche erachten wir daher bei der Erstellung des Landesgesetzes als besonders wichtig:
1. Die im Grundsatzgesetz definierten maximalen Leistungshöhen voll ausschöpfen und jährlich valorisieren
2. Sachleistungsvorrang nur, wo unbedingt notwendig
3. Einführung/Beibehaltung eines einheitlichen Richtsatzes für minderjährige Kinder
4. Möglichkeit unbefristeter Leistung für dauerhaft erwerbsunfähige Personen vorsehen
5. Mit der Aufnahme der bisher gültigen Verfahrensbestimmungen wie u.a. einer verkürzten Entscheidungsfrist schnellere Hilfe und rechtliche Sicherheit ermöglichen
6. Krankenversicherung für die Betroffenen sicherstellen
7. Verankerung eines Rechtsanspruchs auf den „Alleinerziehendenbonus“
8. Angemessenen Lebensstandard sichern – Teilhaberechte von Menschen mit Behinderungen garantieren
9. Schaffung eigener Bedarfsgemeinschaften für volljährige Menschen mit Behinderungen
10. Keine Unterhaltsklagen gegen Eltern erwachsener Leistungsbezieher*innen
11. Wertschätzung pflegender An- und Zugehöriger
12. Verankerung eines Rechtsanspruchs für Wohnen als Sachleistung sowie für alle Härtefallleistungen
13. Einführung/Beibehaltung eines Freibetrags für Aufstocker*innen
14. Sicherung von Wohnen durch eigene Wohnbeihilfe
15. Klarstellung für nichtösterreichische Anspruchsberechtigte
16. Ausschluss einer Deckelung für Familien und andere nicht „gewillkürte“ Wohngemeinschaften
17. Übergangsregelungen ausnützen
18. Einbindung von Expert*innen aus der sozialen Praxis