Weniger Mindestsicherung für Menschen mit Behinderung in NÖ, OÖ und Ktn
Niederösterreich, Kärnten und Oberösterreich rechnen die "erhöhte Familienbeihilfe" auf die Mindestsicherung an und brechen damit die 15a Vereinbarung mit dem Bund.
Zusätzliche Barrieren für Menschen mit Behinderung! (Bild: www.katja.at)
(03.10.2013) "Für viele ist sie lebenswichtig: Die erhöhte Familienbeihilfe hilft Kosten für zusätzliche Gesundheits- und Hilfeleistungen abzudecken. In Niederösterreich, Kärnten und Oberösterreich aber wird diese Leistung auf die Mindestsicherung angerechnet und so massiv gekürzt.", kritisiert die Armutskonferenz.
"Alle drei Bundesländer brechen damit die Vereinbarung zur Mindestsicherung, die sie mit dem Bund geschlossen haben. Die Artikel 15a B-VG Vereinbarung zur bedarfsorientieren Mindestsicherung sieht zweifelsfrei vor, dass die Familienbeihilfe bei der Berechnung nicht als Einkommen berücksichtigt werden darf", zitiert die Armutskonferenz die Vereinbarung.
Menschen mit Behinderung haben oftmals höhere Lebenshaltungskosten
ei Herrn A. wurde eine komplexe psychische Erkrankung diagnostiziert. Zusätzlich leidet er an einer ausgeprägten Allergie. Mit 20 Jahren zog Herr A. aus einer therapeutischen Jugendeinrichtung in eine Mietwohnung. Herr A ist nicht in der Lage, seinen Alltag ganz allein zu bewältigen. Er benötigt Unterstützung bei der Besorgung von Einkäufen, der Reinigung der Wohnung, bei der persönlichen Hygiene und Ernährung sowie Begleitung nach "draußen". Ohne Unterstützung ist Herr A nicht in der Lage, Termine wahrzunehmen. Mit einer persönlichen Begleitung aber geht es gut. All diese Unterstützungsleistungen muss er aus seinem Einkommen bestreiten. Derzeit ist Herr A gezwungen, die erhöhte Familienbeihilfe für Essen, Trinken und Wohnen auszugeben, dringend erforderliche Therapien scheitern an den Kosten. Herr A möchte seine Wohnung auf jeden Fall halten und nicht wieder in ein Heim übersiedeln.
Menschen mit Behinderung haben in aller Regel höhere Ausgaben für den Lebensunterhalt, für den Einkauf und die Zubereitung von Lebensmitteln. Sie müssen soziale Dienste in Anspruch nehmen und bezahlen. Sie können aufgrund ihrer Behinderung auch kleine Reparaturen oder Instandsetzungsarbeiten nicht selbst verrichten, sondern müssen für die Erledigungen im Haushalt Dritte beauftragen. Höhere Ausgaben entstehen für die Neuanschaffung bzw. Reparatur von Haushaltsgeräten und Möbel, aber auch von Bekleidung, Schuhen und Hilfsmittel.
Die Kürzung der Mindestsicherungsleistung trifft ausschließlich Personen, bei denen es sich jetzt schon hinten und vorne nicht ausgeht: Menschen mit schweren Beeinträchtigungen, die deshalb kein Erwerbseinkommen erzielen können. Personen die chronisch krank sind und deren Gesundheitszustand sich in der Regel nicht verbessert, sondern maximal stabil gehalten werden kann. Menschen, deren Situation - ohne die entsprechende Unterstützung in gesundheitlichen Belangen - sich rasch weiter verschlechtert.
Forderung: Anrechnung der Familienbeihilfe gesetzlich unterbinden!
Das Land Niederösterreich will das alles nun mit einer Gesetzesnovelle "legalisieren" - und einen niedrigeren Mindeststandard für Menschen mit Behinderung festlegen. Wer - wie Herr A - es wieder schafft, in einer eigenen Wohnung zu leben und sich - so gut es geht - selbst versorgt, erfährt, dass ein "Mehr" an Eigenständigkeit und Selbstbestimmung mit einer Kürzung der Leistungen bestraft wird.
Die Armutskonferenz fordert deshalb ein gesetzliches Verbot, die "erhöhte Familienbeihilfe" auf Landesleistungen anzurechnen. Im Famlienlastenausgleichsgesetz (FLAG) könnte durch eine Bestimmung sichergestellt werden, dass die erhöhte Familienbeihilfe von derzeit 349,40 Euro monatlich, Menschen mit Behinderung ungeschmälert zukommt, auch wenn sie zusätzlich zu dieser Bundesleistung eine Geld- oder Sachleistung eines Bundeslandes erhalten.