Löchriges Sozialhilfegesetz: Mindestpensionistin verschuldet sich, weil dem Sohn die Sozialhilfe verweigert wird
Verwaltungsgerichtshof verwirft Revision des SozialRechtsNetz
(12.05.2021) Das SozialRechtNetz hatte im Dezember 2020 einen Fall zu familiärer Überbrückungshilfe in der Steiermark übernommen. In diesem Fall wurde einem Klienten ein Jahr lang die Mindestsicherung auf Grund seines Aufenthaltsstatus zu Unrecht verwehrt. Nach einem Jahr Verfahrensdauer, wurden Zahlungen der Mutter, welche diese als Mindestpensionistin nur durch einen Kredit leisten konnte, von der Mindestsicherung abgezogen. Details hier nachlesen
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dieser Sache entschieden, dass er die Behandlung der Revision ablehnt. Insbesondere kann der Verwaltungsgerichtshof beim Klienten keinen Bedarf an Mindestsicherung erkennen, da dieser ja durch Zahlungen der Mutter erfüllt würde (§ 5 Abs 2 Stmk. Mindestsicherungsgesetz - StMSG). Obwohl nicht-gerichtlich festgestellte Unterhaltsansprüche in § 8 Abs 2 StMSG nicht als Leistungen Dritter gelten, hat der Verwaltungsgerichtshof das nicht als wesentliche Rechtsfrage betrachtet (nachzulesen hier).
Einschätzung des SozialRechtsNetz
Dieses Ergebnis überzeugt uns, abseits jeglicher juristischen Betrachtung, in keiner Weise: Im Ergebnis wurde dem Klienten ein Jahr lang die Mindestsicherung (zu Unrecht) vorenthalten, sodass er in dieser Zeit eine finanzielle Überbrückung suchen musste. Diese finanzielle Überbrückung konnte nur durch einen Kredit gewährt werden, welcher bei der Mindestpension beziehenden Mutter noch weitere Kosten verursacht. Am Ende wird dem Klienten diese notdürftig erhaltene Überbrückungsfinanzierung auch noch abgezogen. So wälzt der Staat seine Verantwortung gleich doppelt – und in der Wirkung wohl noch weiter – auf Individuen ab, die selbst sehen müssen wo sie bleiben.
Dafür wurde die Mindestsicherung nicht geschaffen. Soll diese doch gerade Notlagen vermeiden, wie sie durch die ursprüngliche Fehlentscheidung in dieser Sache noch verschärft werden. Stattdessen lässt man die Antragsteller_innen ein Jahr im Unklaren, um Ihnen dann auch noch die notdürftige Unterstützung aus der Familie vom Anspruch auf Mindestsicherung zu streichen.
Die Anrechnung sämtlicher Leistungen Dritter in der Mindestsicherung, und auch in der neuen Sozialhilfe, bleibt ein zentrales Verssagen dieser Unterstützung. Nicht nur wird durch diese Anrechnung jeglicher Versuch, sich ökonomisch zu stabilisieren und die Sozialhilfe nicht mehr zu brauchen, erschwert, sie schafft auch Notlagen, die dem Ziel der Mindestsicherung, eine ökonomische Grundstabilität zu schaffen, zuwiderlaufen. Wir werden die menschenunwürdigen Konsequenzen dieser Regelungen und Entscheidungen deshalb auch weiterhin mit rechtlichen Interventionen aufzeigen und medial thematisieren.