Armut beschämt!
7. Armutskonferenz macht Stigmatisierung und Beschämung Armutsbetroffener zum Thema/ Geplante Mindestsicherung hilft nur, wenn es am AMS passende Angebote für die Betroffenen gibt ...
(21.02.08). Stigmatisierung und Beschämung von Menschen mit Armutserfahrungen werden auf der 7. Österreichischen Armutskonferenz 3./4. März, Salzburg thematisiert.
Gesamtprogramm 7. Armutskonferenz
Wer andere stigmatisiert, sagt: Schande über euch! Ihr seid nicht richtig, ihr gehört nicht dazu, ihr habt versagt. Schaut auf uns! So gehört es sich!
Die Betroffenen empfinden Scham. Sie fürchten ihr Gesicht zu verlieren und wissen ihr Ansehen bedroht. Beschämung hält Menschen klein und rechtfertigt die Bloßstellung und Demütigung als von den Beschämten selbst verschuldet.
Beschämung hat direkte Auswirkungen auf das unterste soziale Netz, der Sozialhilfe , der Notstandshilfe, des Arbeitslosengeldes und ist dort ein bestimmender Faktor.
Das belegen mehrer Studien der jüngsten Zeit:
Nur 40 % nehmen Sozialhilfe in Anspruch.
Studie Sozialhilfe ist "Abschreckungshilfe"
Grobe und rechtswidrige Mängel / Ohne Reform des Vollzugs in den Ländern keine "Mindestsicherung".
Studie "Vollzug der Sozialhilfe"
Große Lücken in der Arbeitsmarktpolitik für sozial benachteiligte Bevöllkerungsgruppen
Studie „Leistungen der NGOs in der Armutsbekämpfung“
Was schwächt: Isolation, Beschämung, Ohnmacht
Was stärkt: Freundschaft, Anerkennung, Selbstwirksamkeit
Handlungsspielräume zu erweitern und Verwirklichungschancen zu erhöhen stärkt Menschen, die in Armut leben. Es sind besonders drei Lebensmittel, die stärken: 1. Freundschaft hilft. 2. Anerkennung hilft. 3. Selbstwirksamkeit hilft.
Das Gegenteil macht verwundbar: 1. Isolation schwächt, 2. Beschämung schwächt, 3. Ohnmacht schwächt.
Beschämung hält Menschen klein und rechtfertigt die Bloßstellung und Demütigung als von den Beschämten selbst verschuldet.
Beschämung ist also entsolidarisierend und spaltet die Betroffenen. Wendet den Kampf gegen die Armut zu einem Kampf gegen die Armen. Steht wirksamen Zusammenschlüssen entgegen. Ist eine subtile Form Armutsbetroffene „wehrlos“ zu halten, ihnen Rechte vorzuenthalten.
Mindestsicherung hilft nur dann, wenn es am AMS passende Angebote für die Betroffenen gibt. Wenn Beamte gut qualifiziert sind. Wenn die vielfältigen Problemlagen wie Wohnen, Kinderbetreuung, gesundheitliche Beeinträchtigungen, Schuldenregulierung bearbeitet werden. Wenn der ganze Mensch in den Blick kommt.
Wer zu 50 Prozent oder mehr arbeitsfähig ist, soll die Mindestsicherung beim AMS beantragen – dort gibt es aber noch keine Pläne dafür, wie das ablaufen soll. Das Arbeitsmarktservice hat bisher eine eher zweifelhafte Performance gegenüber Langzeiterwerbslosen abgeliefert. Viel Druck, wenig Zeit, wenige passende Angebote für diese Personengruppe; viel Sinnvolles wurde in den letzten Jahren gekürzt.
Da geht es um multiple Problemlagen, nicht nur um Arbeitsvermittlung: Wohnen, Kinderbetreuung, gesundheitliche Probleme, psychische Beeinträchtigungen, Schuldenregulierung. Mit welchen Ressourcen, mit welchen Angeboten und mit welchen Mitarbeitern wird das AMS dieses – im Fachjargon – „Case-Management“ bewältigen? Diese neuen Anforderungen decken sich kaum mit dem Selbstverständnis des Vollzugs innerhalb der Sozialämter noch mit jenem des AMS. Derzeit sind diese in aller Regel keine „sozialen Servicecenter“, wo solch weitergehende Hilfestellungen angeboten würden. Und sie fungieren auch nicht im erforderlichen Maße – mangels einschlägig qualifizierten Personals und unterentwickelter Informations- und Beratungspflichten – als Drehscheibe zu Angeboten.