Krise ist erst dann vorbei, wenn die Armut sinkt

Es gibt genügend Instrumente und Möglichkeiten im Vollzug der Sozialhilfe, in der Schule, beim Wohnen und mit sozialen Dienstleistungen gegenzusteuern. Armut ist kein Naturereignis, das es mit jeder neuen Statistik frisch zu bestaunen gilt.

22.02.10). „Die Krise ist dann vorbei, wenn die Armut zurückgeht; wenn weniger aus Not auf Sozialhilfe angewiesen sind und wenn die Arbeitslosigkeit sinkt.“, hält die Armutskonferenz anlässlich des Startschusses zum Europäischen Jahr der Armutsbekämpfung 2010 fest. „Während sich die Finanzmärkte wieder auf business as usual einstellen, soll die Bevölkerung aber nun mit Sparpaketen bezahlen, was das Finanzdesaster an Löchern in die öffentlichen Haushalte gerissen hat. Während der Finanz- und Bankensektor sich mit Steuergeldern stabilisierte, müssen wir für die Stabilisierung des sozialen Zusammenhalts um jede Million kämpfen: Die Reform der Sozialhilfe in den Ländern droht nach hinten los zu gehen. Kärnten hat die Sozialhilfe bereits im Dezember massiv verschlechtert, Steiermark diskutiert übers Wohnen, andere Bundesländer können folgen.“, so das Netzwerk, deren Mitgliedsorganisationen über 500000 Hilfesuchende im Jahr betreuen und unterstützen. „In den sich abzeichnenden Verteilungskämpfen um die Bezahlung der Krisenkosten drohen diejenigen, die ohne Lobby sind, unter die Räder zu kommen. Wie die Kosten der Krise verteilt werden, entscheidet über mehr oder weniger Armut in den nächsten Jahren.“

Nach Abzug der Fixkosten fürs Wohnen bleiben rund einem Drittel der Menschen, die sich hilfesuchend an Beratungsstellen wenden, weniger als 4 Euro pro Tag und Person im Haushalt übrig, um alle anderen Bedürfnisse abzudecken. 44 000 Sozialhilfe-BezieherInnen sind minderjährige Kinder und Jugendliche.

Die Armutskonferenz appelliert an den Finanzminister und den Regierungschef: „Machen Sie das Jahr 2010 zu einem tatsächlichen Jahr der Armutsbekämpfung. Sie können viel tun. Es gibt genügend Instrumente und Möglichkeiten im Vollzug der Sozialhilfe, in der Schule, beim Wohnen und mit sozialen Dienstleistungen gegenzusteuern. Armut ist kein Naturereignis, das es mit jeder neuen Statistik frisch zu bestaunen gilt.

• Sorgen Sie dafür, dass der Vollzug der Sozialhilfe auf den Ämtern der Länder verbessert wird.
• Sorgen Sie dafür, dass die tatsächlichen Wohnkosten in der Sozialhilfe berücksichtigt werden.
• Sorgen Sie dafür, dass bei existentiellen Nöten und Kosten wie kaputter Boiler, Schulsachen oder Geburt niemand von der Sozialhilfe allein gelassen wird.
• Sorgen Sie dafür, dass es zu einer Reform aktiver Arbeitsmarktpolitik und des Selbstverständnisses des AMS als soziales Servicecenter kommt.

Es braucht eine Mindestsicherung, die aus der Armut führt und zum Leben reicht“, so die Armutskonferenz (www.gegen.armut.at). Das Anti-Armutsnetzwerk warnt aber: „Was nicht hilft: Die Opfer der Wirtschaftskrise und der Arbeitslosigkeit zu Schuldigen ihres Schicksals zu stempeln.“

„Grundsätzlich helfen Einkommensarmen Investitionen in Dienstleistungen, die sie im Alltag unterstützen: von der Kinderbetreuung über Qualifizierung am Arbeitsmarkt bis hin zu Pflegehilfen. Hier entstehen Win-win-Situationen zwischen Fraueneinkommen, Arbeitsplätzen, Frühförderung von Kindern und Pflegeentlastung Angehöriger. Auch ein Bildungssystem, das den sozialen Aufstieg fördert und nicht sozial selektiert, wirkt. Auf die neuen sozialen Risken wie prekäre Jobs, psychischen Erkrankungen oder Migration muss angemessen sozialpolitisch reagiert werden. Und nicht zuletzt helfen Jobs, von denen man leben kann“, so die Armutskonferenz abschließend.