Preisverleihung: Journalismuspreis "von unten" 2012
Ausgezeichnet mit "der Lupe": Dorothea Brummerloh, Lisa Mayr, Zoran Dobric, Markus Stachl, Martina Madner, Verena Friederike Hasel, Rosa Winkler-Hermaden und Johanna Schwarz.
Die PreisträgerInnen des Journalismuspreis 2012: Zoran Dobric mit Kamermann Oliver Brosenbauer, Dorothea Brummerloh, Lisa Mayr, Markus Stachl, Martina Madner und Rosa Winkler-Hermaden.
Pressefoto PreisträgerInnen (groß), Pressefoto Jury-PreisträgerInnen (groß)
Am 17.12.2012 wurde in Wien zum dritten Mal der "Journalismuspreis von unten" vergeben. Die Armutskonferenz schreibt seit 2010 einen Preis aus, der "hintergründige und respektvolle Armutsberichterstattung" prämiert. Zugelassen waren auch heuer wieder Einreichungen aus Print und Online sowie aus Radio und Fernsehen. Bewertet und ausgewählt wurden die Beiträge von einer Jury bestehend aus Menschen, die von Armut betroffen sind. Alle Ausgezeichneten betonten, den Preis als besondere Ehre zu empfinden, kommt er doch von Menschen, die genau wissen, was Sache ist. Verliehen wird "eine Lupe für das genaue Hinschauen - und für die Recherche des Hinter- und Untergründigen".
Begleitet wurde der Abend mit Poetry Slam von Mieze Medusa.
Die Ausgezeichneten:
In der Kategorie Fernsehen wurde Zoran Dobric für seinen Beitrag "Die vergessenen Kinder von Kiew und Odessa" (ORF Thema)
ausgezeichnet. Besonders beeindruckend fand die Jury, wie Zoran Dobric die Fußballeuropameisterschaft in der Ukraine mit der Situation von Straßenkindern gegengeschnitten hat. Ein Leben ohne Zukunft in der Ukraine als Brennspiegel für ein Europa ohne Zukunft? Der Beitrag weist auf eine soziale Situation hin, die wir eigentlich trachten müssen zu verhindern, in Österreich, in der Ukraine, in Europa."
Der Anerkennungspreis in der Kategorie TV ging an Markus Stachl für den Beitrag "Arm in Österreich" (ORF, Thema). Der umfassende Beitrag zeige "Armut in all ihren Facetten", Armutsbetroffene kommen ausführlich zu Wort. Eine Pensionisten erzählt über ihr karges Leben, eine Mutter mit drei Kindern gibt Einblick in ihren Alltag zwischen Scham und Stress. Auch aufgrund des einfühlsamen Interviews und den "zarten" Passagen hat sich die Jury für diesen Beitrag entschieden.
In der Kategorie Radio erhielt Dorothea Brummerloh für ihren Beitrag "Wer einmal aus dem Blechnapf frisst. Über Kinderarmut in Deutschland" (Deutschlandfunk) eine Auszeichnung. Die Jury würdigt die "Tiefe und Schärfe" dieses Features, das eine Familie porträtiert in ihrem Alltagskampf, aber auch in ihren Möglichkeiten. Die Erzählungen des Kindes werden in den gesellschaftlichen Kontext von Schule, Gesundheit und Arbeitsmarkt gesetzt.
Den Anerkennungspreis in der Kategorie Radio erhält Lisa Mayr für ihr Radiokolleg "Vom Wohlstand und Wohlsein" (ORF, Ö1). In überzeugender Weise stellt Lisa Mayr den Zusammenhang zwischen sozialen Faktoren und erhöhtem Krankheitsrisiko dar. In dem umfassend recherchierten Beitrag werden die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse mit den Erfahrungswelten von Betroffenen verknüpft.
In der Kategorie Print geht die Auszeichnung an Martina Madner für ihren Text "Sehr, sehr wütend" in der Monatszeitschrift an.schläge. Die Autorin lässt ihre Protagonistinnen nicht als "arme Opfer" vorkommen, sondern als "Personen, die handeln". Die Frauen in ihrem Beitrag erzählen von "ihrem schwierigen Engagement in schweren Verhältnissen". Und diese Verhältnisse werden auch benannt: Erwerbsarbeitslosigkeit, Schere zwischen Arm und Reich, Verteilung von Sorgearbeit wie Kinder und Haushalt.
Der Anerkennungspreis in der Kategorie Print erhält Verena Friederike Hasel für ihren Beitrag "Letzte Ehre" im Berliner Tagesspiegel (Der Tagesspiegel). Der Beitrag handelt von Armenbegräbnissen in Berlin und dem Geschäft mit dem Tod. Aber auch von respektvollen Beispielen der Bestattung von Wohnungslosen und Armutsbetroffenen. Die Jury würdigt die Reportage für ihre "genauen Beobachtungen" und die Hinweise für die Wiener Situation am Zentralfriedhof: "Sogar vor dem Tod sind die Menschen nicht gleich".
In der Kategorie Online wird Rosa Winkler-Hermaden für den Text "Für uns gibt es hier kein Leben " (derstandard.at) prämiert. Der Text handelt vom doppelten "hier", im Kosovo und in Österreich. Die Jury würdigt besonders die "wohlgesetzten Impulse an den Leser/in, die Zusammenhänge der aufgezeigten Fakten selber zu erschließen. Der Leser wird nicht bedient, sondern seine Denkfähigkeit herausgefordert. Der Anerkennungspreis geht an Johanna Schwarz "Spiegel der Gesellschaft " (paroli-magazin.at). Der Text beschreibt "die Auseinandersetzungen um das Bettelverbot. Johanna Schwarz leuchtet die Hintergründe aus, bringt echte Menschen in den Blick und informiert über die menschenrechtlichen Zusammenhänge", so die Jury.
Hinter Statistiken und Zahlen stehen immer Menschen, die nur selten jenen Klischees entsprechen, deren sich der öffentliche Diskurs allzu gerne bedient: Die Armutskonferenz möchte journalistische Beiträge auszeichnen, die den vielen Facetten von Armut gerecht werden, Betroffene respektvoll behandeln, ihre Stimmen hörbar wie ihre Realitäten sichtbar machen und Hintergründe ausleuchten.