Sozialer Aufstieg: Die Qualität entscheidet - Schulumbau notwendig
Räume für gemischte Gruppen mit individueller Förderung / Räume für unterschiedliche Geschwindigkeiten / Räume für alle - unabhängig des sozialen Status.
(10.09.2014) - "Ob Schulen Bildungschancen für alle gewährleisten, hängt von der Qualität ab, die sie bieten. Ein zentraler Punkt der Qualität ist der Schulraum", kommentiert Sozialexperte Martin Schenk von der Armutskonferenz die aktuellen Ergebnisse der OECD-Studie "Education at a Glance". Die Hürden für sozialen Aufstieg seien in Österreich besonders hoch, stellte die OECD fest. Schenk: "Die Räume, in denen wir lernen und lehren, haben sich seit über hundert Jahren kaum verändert. Nach wie vor ist das Klassenzimmer im Format von 9 x 7 m der vorherrschende Ort eines im Stundenrhythmus getakteten Unterrichts".
"Die Qualität von Bildungsbauten - von den Kindergärten über Schulen und Hochschulen bis hin zu Orten der Erwachsenenbildung -spiegelt die Wertschätzung wider, die eine Gesellschaft dem Thema Bildung sowie den dort Lernenden und Lehrenden entgegenbringt.", zitiert Schenk die Initiative schulUMbau, die sich für eine Verbesserung der Situation engagiert. Architektonisch haben wir es mit langen Fluren und den daran angeästelten Klassenzellen zu tun. Die Klasse bildet eine Form, der die Massenabfüllung als Idee zugrunde liegt. Zum Verweilen laden diese Räume nicht gerade ein. Weder Schüler noch Lehrer. Der hässlichste Raum ist ja oft auch das Lehrerzimmer. Da wird und kann niemand gerne arbeiten.
"Ein anderer Typus von Raum hatte bisher kaum Chancen", so Schenk. "Das wären Ateliers, Werkstätten, eine Küche, eine Bühne, Arbeitsräume. Kinder brauchen Welt: herausfordernde Gelegenheiten, Erwachsene die etwas können, gutes Material. Schule vermittelt nicht nur, sie ist auch etwas. Sie ist auch Labor, Werkstatt, Bühne, Küche oder Garten. " Und Kinder sind keine Gefäße, in die man Wissen abfüllt", betont Schenk. "Besonders sozial erfolgreiche Schulkonzepte zeichnen sich durch die Orientierung an den unterschiedlichen Lebenswelten ihrer SchülerInnen aus. Das funktioniert nicht mit dem "Trichterkonzept" (Schüler sind leere Köpfe, in die Wissen für die Zukunft gefüllt wird), sondern mit einem dialogischen Zugang: Lernprozesse werden initiiert, Vorerfahrungen und Lebenswelten der SchülerInnen zum Ausgang des Arbeitens genommen. Eine Lernumgebung, in der in gemischten Gruppen individuell gefördert wird, die unterschiedliche Geschwindigkeiten zulässt sowie Neugier und Konzentration anregt. Je stärker sich Schule zu einer ganztägigen Institution entwickelt, desto höher sind die Anforderungen, die an sie in dieser Hinsicht gestellt werden.
Sozial erfolgreiche Schule
Ob eine Schule sozial erfolgreich ist oder nicht, liegt an der Schulorganisation genauso wie an der Unterrichtsqualität, an der Schulraumarchitektur genauso wie an der LehrerInnenausbildung. Das eine ist vom anderen nicht zu trennen. Damit Zukunft nicht von der Herkunft abhängt, braucht es einen Bildungsweg, der nicht sozial selektiert, sondern individuell fördert, es braucht eine gut ausgebaute Frühförderung vor dem Schuleintritt, und es braucht den politischen Willen, um wachsender sozialer Polarisierung entgegenzutreten. Wichtig wäre auch, Schulen in sozial benachteiligten Bezirken oder Regionen besonders gut auszustatten und zu fördern, damit sie keine Schüler zurücklassen und für alle Einkommensschichten attraktiv bleiben", so die Armutskonferenz abschließend.
Links:
OECD-Bericht: Bildung auf einen Blick 2014
Datenbank "Alles über und gegen Armut" - Thema Bildung