Mindestsicherung NÖ: Asyl heißt das Motto, gestrichen wird dann bei allen
Armutskonferenz hat nachgerechnet: Betroffen sind Geringverdiener mit Frau & kleinen Kindern, Alleinerziehende Mütter, Chronisch kranke Personen, Menschen mit Behinderung, Pflegende Angehörige
(11.11.2016) „Flüchtlinge“ wird gesagt, aber gestrichen wird dann bei allen, auch bei allen Österreichern. Das Land NÖ bereitet mit einer Änderung des NÖ Mindestsicherungs-Gesetzes für Donnerstag einen massiven Angriff auf einkommensschwache Haushalte vor.
Die Armutskonferenz hat eine Reihe von Beispielen durchgerechnet, wie sie tagtäglich in der Praxis vorkommen. Daran wird deutlich, dass die Gesetzesänderung massive Verschlechterungen für sehr viele Menschen bringen wird. Die Analyse zeigt: es werden nicht zuerst die in den Medien strapazierten Einzelfälle vielköpfiger Familien sein, die man in der sozialen Wirklichkeit wie Nadeln im Heuhaufen suchen muss. Sondern Geringverdiener mit Frau und kleinen Kindern. Alleinerziehende Mütter, die sich zum Schutz ihrer Kinder von gewalttätigen Männern getrennt haben. Chronisch kranke Personen, die zwar als erwerbsfähig gelten, am Arbeitsmarkt aber enorm schlechte Karten haben. Eltern, die mit ihren erwachsenen Kindern mit Behinderung im selben Haushalt leben. Familienväter, die sich mit schwerer Arbeit körperlich ruiniert haben und gekündigt wurden.
Keine und keiner von ihnen hätte sich diese Lebensumstände freiwillig ausgesucht – trotzdem müssen sie alle eine weitere Verschlechterung ihrer Lebensumstände hinnehmen.
Von Gerechtigkeit, mit der das Land NÖ die Änderungen rechtfertigt, also keine Spur. Und auch das Argument der Unfinanzierbarkeit zieht nicht: Ganze 0,8% hat das Land NÖ laut seinem eigenen Rechnungsabschluss im Jahr 2015 für Bedarfsorientierte Mindestsicherung ausgegeben.
Bestrafung von pflegenden Angehörigen
NÖ fällt die unrühmliche Vorreiterrolle zu, als erstes Bundesland eine von der Haushaltsgröße unabhängige „Deckelungs-Grenze“ einführen zu wollen. Konkret geht es darum, dass Haushaltseinkommen grundsätzlich nur noch bis zu einer maximalen Höhe von 1.500 € aufgestockt werden sollen – unabhängig von der Größe des Haushalts. Wie viele Personen also auch immer in einem Haushalt leben, ob Mutter-Vater-Kind-Familie oder Wohngemeinschaft, ob gebürtige ÖsterreicherInnen oder Asylberechtigte, ob mit niedrigem Einkommen oder gänzlich mittellos: Unter dem Strich sollen einem Haushalt maximal 1.500 € zur Verfügung stehen. Nur Familienleistungen und Pflegegeld dürfen nicht in die Rechnung miteinbezogen werden.
Besonders perfide: Der Entwurf sieht eigene Bestimmungen für Haushalte vor, in denen Menschen mit schwerer Beeinträchtigung leben. Auch für diese gilt die 1.500 €-Grenze, gekürzt werden darf aber nur bei den (pflegenden) Angehörigen. Dass die Verluste bei diesen umso höher ausfallen müssen, liegt auf der Hand.
Schon vor Monaten hat das Land NÖ angekündigt, im Alleingang sein Mindestsicherungsgesetz ändern zu wollen, sollten der Bund und die anderen Länder bei den Verhandlungen für eine neue 15a-Vereinbarung nicht vollinhaltlich auf seine Forderungen eingehen. Nun ist es soweit: am 17.11. sollen im NÖ Landtag weitreichende Verschlechterungen beschlossen werden. Und das, obwohl NÖ schon jetzt zu den Bundesländern mit den niedrigsten Mindestsicherungs-Leistungen in ganz Österreich zählt.