Armutskonferenz Begutachtung Sozialhilfe: Existenz und Chancen sichern – nicht Leute noch weiter in den Abgrund treiben!
Die alte Sozialhilfe ist zurück, aber paternalistischer und nach Bundesland zerstückelter als sie es je war.
(09.01.2019) „Ziel muss es doch sein Existenz und Chancen zu sichern, nicht Leute weiter in den Abgrund zu treiben. Die Chancen für tausende Kinder weiter zu verschlechtern, Familien in krankmachende Lebensbedingungen zu treiben und Menschen bis weit in die Mittelschichten einem drohenden Almosenregime auszusetzen , all das sind nicht die Werte, die uns stark gemacht haben“, kommentiert die Armutskonferenz das vorgelegte „Sozialhilfegesetz“. Die in der Armutskonferenz zusammengeschlossenen Initiativen begleiten und betreuen 500.000 Menschen im Jahr. „Wir wissen, was Maßnahmen anrichten können. Im Alltag. Konkret. Real.“ Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz sprachen sich heute zahlreiche ExpertInnen und Betroffene dafür aus, eine Mindestsicherung zu gestalten, die soziale Notlagen präventiv vermeidet und Armut bekämpft. Ziele eines modernen sozialen Netzes sollten sein: Grundrechte statt Almosen, Chancen statt Abstieg, sozialer Ausgleich statt Spaltung, Achtung statt Beschämung.
Alte Sozialhilfe ist zurück: paternalistischer und zerstückelter als sie je war
Die alte Sozialhilfe ist zurück, aber schlimmer und in Zukunft nach Bundesland zerstückelter als sie es je war. Es gibt keine Mindeststandards mehr, sondern nach unten ungesicherte Kann-Leistungen. Diese „Sozialhilfe“ kennt auch in ihren Zielen keine „soziale und kulturelle Teilhabe“ mehr. Die Leistungshöhen, das Wohnen, Hilfen für alleinerziehende Eltern und Menschen mit Beeinträchtigungen – all das sind „Kann“-Bestimmungen. In einer Fürsorgeleistung bedeutet das alles oder nichts. In der Zusammenschau mit der Beschneidung der Leistungen der Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosengeld und Notstandshilfe) bedeutet das, dass stärker sozialstaatliche, statussichernde Leistungen in mehr „almosenhafte“, paternalistische Fürsorge überführt werden. Spezifische verfahrensrechtliche Regelungen fehlen. Besonders problematisch ist der Wegfall der Vorgabe einer verkürzten Verfahrensdauer von maximal drei statt sechs Monaten. Auch die Verpflichtung, schriftliche Bescheide auszustellen, entfällt.
Soziale Unsicherheit in die Mittelschichten getrieben
Alle diese Vorschläge zusammen führen dazu, dass soziale Unsicherheit bis weit in die Mittelschichten hoch getrieben wird – und sich Gegenwart und Zukunft für Hunderttausende verbaut. Reformen wären sinnvoll, wenn sie versuchen würden, die Existenz und Chancen zu sichern, aber nicht Leute weiter in den Abgrund zu treiben.
Statements zum Sozialhilfe-Grundsatzgesetz (Unterlagen zur Pressekonferenz am 9. Jänner 2019):
Statement Lebenshilfe Österreich
Statement Österreichische Plattform für Alleinerziehende
Statement Volkshilfe Österreich
Daten zu Lebensbedingungen von Mindestsicherungs-BezieherInnen
Eine Sammlung von ausführlichen Begutachtungen zur vorgelegten "Sozialhilfe" von Mitgliedsorganisationen und ExpertInnen der Armutskonferenz finden Sie hier: Stellungnahmen Sozialhilfe-Grundsatzgesetz