Armutskonferenz zum Weltgesundheitstag: Das Sozialhilfegesetz kann Ihre Gesundheit gefährden.
„Niemand ist sicher, bevor nicht alle sicher sind“: Sozialhilfegesetz - Kinderkürzungen, Ausschluss Krankenversicherung, zu wenig zum Wohnen, zu wenig zum Leben.
(06.04.2021) „Die Krise zeigt wie wichtig jetzt eine gute Mindestsicherung wäre, statt einer schlechten Sozialhilfe, die Menschen in Notsituationen nicht auffängt“, nimmt die Armutskonferenz das Motto des morgigen Weltgesundheitstages auf: „Niemand ist sicher, bevor nicht alle sicher sind.“ Das Gesetz verschärft bestehende Armutslagen, degradiert Betroffene erneut zu „Bittstellern“ und eröffnet neue Hürden und Unsicherheiten, mit denen Menschen in schwierigen Lebenssituationen konfrontiert werden. "Das Sozialhilfegesetz kann Ihre Gesundheit gefährden", warnt die Armutskonferenz. Jetzt schon weisen 23% der Menschen im letzten sozialen Netz einen sehr schlechten Gesundheitszustand auf, 22% sind stark beeinträchtigt durch eine Behinderung, 55% chronisch krank (Statistik Austria).
Nicht krisenfest
In Oberösterreich, Niederösterreich oder Salzburg können wir gerade beobachten, worin die neue Sozialhilfe gänzlich versagt: nämlich Menschen, die ohnehin wenig haben, krisenfest abzusichern: Geringere Richtsätze für Erwachsene und Kinder, Ausschluss aus der Krankenversicherung, Anrechnung der Wohnbeihilfe oder Kürzungen bei Notwohnungen. Das führt dazu, dass Menschen in sozialen Krisen jetzt in der Pandemie um mehrere hundert Euro monatlich weniger Hilfe haben als in der Mindestsicherung.
Zu wenig zum Wohnen, zu wenig zum Leben
Die Änderung der Aufteilung von 25% Wohnbedarf und 75% Lebensunterhalt (BMS) auf 40% Wohnbedarf und 60% Lebensunterhalt wird die Wohnungslosigkeit verfestigen. Wohnungslose Menschen erhalten damit 20% weniger verfügbaren Lebensunterhalt, haben aber trotzdem oft nicht nachweisbare Wohnkosten zu zahlen. Und es wird die Möglichkeit der Ansparung auf Anmietungskosten verunmöglicht.
Zuverdienst abkassiert
Auch die Zuverdienstgrenze für Menschen mit Behinderungen wird drastisch reduziert. Bei Bezug der Mindestsicherung konnten Menschen mit Behinderungen in Werkstätten ca. 107 Euro monatlich ohne Schmälerung des Leistungsbezuges dazuverdienen, mit der neuen Sozialhilfe beträgt diese Zuverdienstgrenze nur ca. 15 Euro pro Monat, alles darüber wird einkassiert.
Einzelfallhilfe verwehrt
In Niederösterreich beispielsweise gab es vor der im Juni 2019 beschlossenen Gesetzesänderung immerhin die Möglichkeit, im Einzelfall und zur Verhinderung einer sozialen Notlage Unterstützung zu gewähren. Die Entscheidung darüber oblag der vollziehenden Behörde, also der Bezirksverwaltungsbehörde, konkret dem Sozialamt. Diese Möglichkeit der Behörde anhand der konkreten Lebenssituation Betroffener zu entscheiden, ist den Bezirksverwaltungsbehörden durch das neue Gesetz verwehrt.
Weitere Informationen
Analysepapier der Armutskonferenz: Auswirkungen der schlechten Sozialhilfe
Aussendung der regionalen Armutsnetzwerke: "Was immunisiert gegen die soziale Krise?"