Keine guten Erfahrungen mit Wirtschafts- & Arbeitsministerium, damals sollte Notstandshilfe abgeschafft werden
Das Netzwerk warnt vor Schieflage im neuen Ministerium, die Arbeitslosenversicherung schwächt und kürzt.
(11.05.2022) „Wir haben schlechte Erfahrungen mit einem zusammengelegten Wirtschafts- und Arbeitsministerium gemacht“, erinnert das Netzwerk Armutskonferenz „an die fertigen Pläne der Abschaffung der Notstandshilfe Anfang der 2000er Jahre. Das konnte nur mit Mühe damals verhindert werden“. So wie man argumentieren kann, dass Wirtschaft und Arbeit miteinander zu tun haben, so kann man genauso gut begründen, warum Arbeit und Soziales zusammengehören. Für was sich die Politik entscheidet, bildet die Interessen und Machtverhältnisse ab, die sich im Alltag durchsetzen sollen. Die doppeldeutige Bewertung als „Superministerium“ und die sehr zaghaften kritischen Stimmen dazu, spiegeln die mangelnde Repräsentanz des unteren Einkommensdrittels in der öffentlichen Meinung wieder.
Durch Schieflage im Ministerium Arbeitslosenversicherung schwächen und soziale Ungleichheiten erhöhen
Das Netzwerk Armutskonferenz warnt davor, dass durch die Schieflage im neuen Ministerium, die Arbeitslosenversicherung geschwächt und gekürzt wird. Das würde mit den Auswirkungen der Corona-Krise und den Teuerungen „die sozialen Ungleichheiten in Österreich massiv erhöhen. Das Arbeitslosengeld ist in Österreich zu niedrig, egal ob nach zwei, sechs oder 14 Monaten. Wir haben bereits degressive, also mit der Zeit sinkende Leistungen für Erwerbsarbeitslose: nach Anwartschaft unterschiedlich hohes Arbeitslosengeld, niedrige Notstandshilfe und dann als letztes Netz allzu oft gekoppelt mit der bereits gekürzten, schlechten „Sozialhilfe“.
Werden im neuen Wirtschafts- und Arbeitsministerium alle Seiten betrachtet? Besonders Bauindustrie, Tourismus und Arbeitskräfteüberlassung beispielsweise parken Arbeitslose beim AMS monatelang zwischen. Das kostet die Arbeitslosenversicherung 500 Millionen Euro jährlich. Eine bloße Degression am Anfang des Arbeitslosengeldes verstärkt diese Fehlentwicklung. Und nur 54 Prozent der Unternehmen stellen Arbeitslose ein, nur bei 16 Prozent haben Langzeitbeschäftigungslose eine Chance. Es gibt große Unterschiede zwischen verschiedenen Unternehmen, selbst solche, die unter ähnlichen Bedingungen arbeiten; das ist ein Hinweis auf unausgeschöpfte Potentiale.
Arbeitslosengeld Teuerung anpassen, Zuverdienst verkürzt Langzeitarbeitslosigkeit, Notstandshilfe stärken
Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe sind seit 20 Jahren nicht der Inflation angepasst worden. Die Betroffenen sind im Angesicht der Teuerungen gezwungen mit immer weniger auskommen. Hier sollte der Wertverlust ausgeglichen werden.
Der Zuverdienst verkürzt bei Langzeitarbeitslosen die Arbeitslosigkeit. Der Zuverdienst ist bei dieser Gruppe arbeitsmarktpolitisch sinnvoll. Das Problem bleibt, dass diese Jobs keine guten, auch sozialversicherungsrechtlich abgesicherten Arbeitsplätze sind. Einige AMS in Österreich versuchen deshalb gleichzeitig Betriebe zu bewegen, daraus regulären Anstellungen zu machen. „Für uns bei der Straßenzeitung Kupfermuckn und besonders beim Trödlerladen wäre das eine Katastrophe“, bewerten Betroffene aus Linz den Vorschlag, den Zuverdienst zum Arbeitslosengeld zu streichen. Im neuen Sozialhilfegesetz wurde das ja bereits abgeschafft, mit schlimmen Folgen. In der Schuldenberatung sind 40% der Ratsuchenden arbeitslos. Ohne Zuverdienst können viele ihre Schulden nicht regeln, und ohne Schuldenregelung kein Job wegen Lohnpfändung. Und: Gerade Menschen, die wegen psychischen Erkrankungen lange arbeitslos sind oder gar keinen Job finden können, sind in vielen Fällen von geringen Nebeneinkünften abhängig.