Jedes Kind - Armut und Bildungsungleichheit
Im Vorfeld der 14.Armutskonferenz: Chancenindex, Schulkosten und die Kosten des Nichtstuns.
(03.04.2024) Jedes Kind braucht die beste Bildung. Jedes! 52.000 Volksschulkinder und 81.000 Kinder in der Unterstufe leben in einkommensarmen Haushalten. Das österreichische Schulsystem weist einen besonders starken Zusammenhang zwischen sozioökönomischer Herkunft und Bildungserfolg auf.
Die Armutskonferenz fordert die flächendeckende Einführung eines Chancenindex für sozial benachteiligte Schulstandorte. Schulen in sozial benachteiligten Bezirken werden damit besser ausgestattet, damit sie keine Schüler:innen zurücklassen und für mehrere Einkommensschichten attraktiv bleiben. Schulen mit einem höheren Anteil sozial benachteiligter Schüler:innen sollen mehr finanzielle Mittel erhalten, um kompensatorisch, ausgleichend, wirken zu können. Der Chancenindex erfasst Einkommen, Bildung der Eltern und sozialen Status der Schüler*innen an Schulstandorten und teilt dann Mittel zu, mit dem die Schulen Unterricht und Unterstützung verbessern können.
Dafür notwendig ist die Verankerung im Finanzausgleich und der Ausbau ganztätiger verschränkter Schulformen. Denn wir wissen aus internationalen Beispielen: 1. Schulen in kritischen Lagen verändern sich selten von sich aus. Der Anstoß muss von außen kommen 2. Unterrichtsqualität ins Zentrum rücken 3. Teamstrukturen aufbauen, multiprofessionelle Teams in Schulen fördern 4. Das Grätzel, den Sozialraum um die Schule miteinbeziehen und 5. Schule ganztägig führen. Im Zentrum des Turnarounds stand die Qualität des Unterrichts, das Bilden von Lehrerteams, Ressourcen für pädagogischen Umbau und eine neue Haltung gegenüber den Kindern: „Wir trauen dir zu, dass du viel kannst."
Für den Erfolg zentral ist ein wertschätzendes, nicht-beschämendes Vorgehen. Öffentliche Rankings von Schulen beschämen die Schwächeren statt sie zu stärken - und vertiefen die Unterschiede. Zur Schulentwicklung ist es zielführend, wenn sozial ähnlich zusammengesetzte Schulstandorte voneinander lernen.
Wem die humanistischen und sozialen Argumente nicht überzeugen , dann zumindest die ökonomischen: Die gesamtwirtschaftlichen Kosten von Schulabbruch betragen 1,1 Mrd Euro im Jahr.
Mehr dazu: Bildungsinvestitionen flächendeckend und sofort!
Lücken in der Elementarpädagogik und Kinderbetreuung schließen
Zugang zu Kinderkrippen und Kindergärten ist vielfach an die Erwerbstätigkeit der Eltern geknüpft. Können Eingewöhnungsphasen und Randzeiten nicht abgedeckt werden, ist für Alleinerziehende oft nur ein verspäteter Wiedereinstieg möglich. In Folge ist es daher wichtig, sicherzustellen, dass die Elementarpädagogik für alle Kinder so früh wie möglich zugänglich ist, unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihrem sozioökonomischen Hintergrund oder einer Behinderung. Darüber hinaus leistet ergänzende leistbare Kinderbetreuung für Alleinerziehende einen Beitrag zur Gleichstellung von Ein-Eltern-Familien zu Zwei-Eltern-Familien sowie eine Erhöhung der Teilhabechancen für Alleinerziehende und ihre Kinder.
Flexible, ergänzende Kinderbetreuung für Alleinerziehende wie beispielsweise Abhol- oder Bringdienste, Betreuung an Wochenenden oder bei Nachtdiensten stellt eine unverhandelbare Voraussetzung für den Vollwertigen Zugang von Kindern zur Elementarpädagogik und die Erwerbstätigkeit der alleinerziehenden dar.
Mehr dazu: Frühe Bildungszugänge sichern
Wirtschaftliche Bildung integrativ unterrichten und erlernen
Wirtschaftliche Probleme und Fragestellungen treten selten isoliert auf, meist sind sie mit gesellschaftlichen, politischen und ökologischen Fragestellungen verknüpft. Freilich müssen Schüler*innen im Sinne des Financial Wellbeings lernen, finanzielle und wirtschaftliche Alltagsentscheidungen reflektiert und nachhaltig treffen zu können. Darüber hinaus ist es aber entscheidend über den Tellerrand blicken zu können: Das zeigt etwa das Beispiel der Inflation der letzten beiden Jahre im Zusammenhang mit der Energiekrise, dem Ukrainekrieg und den geopolitischen Folgewirkungen. Auch der Aspekt der Nachhaltigkeit von alltäglichen wirtschaftlichen Entscheidungen (Konsum, Urlaubsgestaltung, Ernährung, Geldanlage oder Kreditaufnahme etc.) wird immer bedeutender: Welchen Beitrag leisten die konkreten wirtschaftlichen Einzel- oder Haushalts-Entscheidungen zur Bewältigung des Globalen Wandels oder der Klimakrise? Wirtschaft muss dabei wie Politik als gestaltbar und veränderbar erfahren und begriffen werden.
Die Armutskonferenz hat neue Unterrichtsmaterialien erarbeitet: Wie mit Kindern über Teuerung, Energiekrise und Armut reden? Vielseitige Module, ausgearbeitete Stundenmodelle und inspirierende Ideen für den Schulunterricht.
Mehr zu den Unterrichtsmaterialien
14.Armutskonferenz: Jetzt übernehmen wir! Armut überwinden - ein Zukunftsprogramm
Doch nicht nur im Bildungssystem, auch sonst gibt es viele Herausforderungen, um Armut und soziale Ausgrenzung zu bekämpfen. Auf der 14. Armutskonferenz erarbeiten Vertreter*innen der Zivilgesellschaft gemeinsam mit Armutsbetroffenen ein alternatives Regierungsprogramm, das wesentliche Politikbereiche wie Arbeit, Bildung, Wohnen, Gesundheit, Teilhabe und Klima umfasst – mit vielen guten Vorschlägen und Ideen, um Armut in Österreich zu überwinden.
Mehr dazu: https://www.armutskonferenz.at/jetzt-uebernehmen-wir