Verhandlungsleak: Ein Programm gegen das ärmste Drittel der Bevölkerung

Wird soziale Schere zwischen Arm und Reich vergrößern / Unanständig & feig Leute mit kleinstem Einkommen als Zielscheibe zu verwenden

(11.02.25). Unanständig ist es, die ärmsten zwei Prozent der Bevölkerung einfach der Teuerung auszuliefern, was die Abkoppelung von der Wertanpassung der Ausgleichszulage bedeutet. Weiters wird Kindern, die schon in schwierigsten Situationen leben müssen, die Familienbeihilfe entzogen. Die erhöhte Familienbeihilfe federt auch behinderungsbedingte Mehrkosten ab und ist eine ganz wichtige Leistung für Menschen mit Behinderungen. Die Streichung des Klimabonus ist ungerecht, weil Leute mit kleinen Einkommen in Stadt und Land die höchsten Belastungen durch die - im Kern sinnvolle - CO2 Steuer haben. Am Land verliert eine Familie mit zwei Kindern 870 Euro. Das unterste Einkommenszehntel verliert 1,8%, das reichste bloß 0,3%. Gleichzeitig soll Hilfsorganisationen, an die sich die Opfer dieser Kürzungspolitik in ihrer Not wenden, die Spenden beschnitten werden.

Es ist unanständig und feig, die Schwächsten, diejenigen, die keine Lobby haben, deren Interessen in den Medien kaum repräsentiert sind, als Zielscheibe zu verwenden. Es sollte doch um den Kampf gegen Armut, statt gegen die Armen gehen, um den Kampf gegen Arbeitslosigkeit, nicht gegen die Arbeitslosen, um den Kampf gegen Kinderarmut, nicht gegen die Kinder. Was es wirklich braucht: leistbares Wohnen für Einkommensschwache, Chancenindex für benachteiligter Schulstandorte, Ausbau guter ganztägiger Betreuung, echte Unterhaltssicherung uvm. „Es gibt genügend Instrumente und Möglichkeiten in der Schule, beim Wohnen und mit sozialen Dienstleistungen gegenzusteuern“, erinnert die Armutskonferenz an erprobte und effektive Maßnahmen gegen Armut.

Sozialer Unfriede: Notstandshilfe beschneiden wie Hartz IV

Die Umwandlung einer Versicherungsleistung in eine Fürsorgeleistung mit weniger Rechten wie bei Hartz IV: Hartz IV hat großen sozialen Unfrieden in Deutschland erzeugt. Die Elemente sind ähnlich. Keine nach versicherungsrechtlichen Kriterien berechneten Ansprüche, sondern Bedürftigkeitsprüfung, - rascher Zugriff auf Erspartes, - kein Erwerb von Pensionsansprüchen für die Dauer des Bezugs, was bei der Beschneidung der Notstandshilfe und den erzwungenen Wechsel in die Sozialhilfe der Fall wäre. Die Beschneidung der Notstandshilfe würde die Zahl der Personen in sozialer Not massiv erhöhen. Sie beträfe 37.000 Menschen mit einer Behinderung und zu einem Drittel Personen, die älter als 50 Jahre sind (Wifo 2018). Damit wird soziale Unsicherheit bis weit in die unteren Mittelschichten hochgetrieben - und Gegenwart und Zukunft für Tausende verbaut. Reformen wären sinnvoll, wenn sie versuchen würden, die Existenz und Chancen zu sichern, aber nicht Leute weiter in den Abgrund zu treiben. Es kann nicht Ziel sein, möglichst viele Leute in die Sozialhilfe zu drängen, was die Abschaffung oder Beschneidung der Notstandshilfe bewirken würde.

Autoritäres und paternalistisches Bargeldverbot

In modernen Sozialstaaten begann man nach dem Weltkrieg Schritt für Schritt mit der Einführung von Geldleistungen, basierend auf Grundrechten, flankiert von sozialen Dienstleistungen. Das ist in dieser Kombination auch am wirkungsvollsten und hilfreichsten. Was jetzt aber wieder diskutiert wird, die «Umstellung von Geld- auf Sachleistungen», klingt so harmlos, ist aber ein Rückschritt in die autoritären und paternalistischen Modelle des vorigen Jahrhunderts. Meist wird alles, was nicht Geldleistung ist, ­unter «Sachleistung» subsumiert. Es ist aber notwendig Sach- von Dienstleistungen zu unterscheiden. Das hilft uns, bei den Instrumenten zu differenzieren. Dienstleistungen in Gesundheit, Bildung und Wohnen sind äußerst hilfreich.
Auf pauschal für alle angeordneten Bargeldentzug aber folgen Entmündigung, weniger Selbstständigkeit und Almosenwirtschaft. Wie immer werden solche Maßnahmen bei denen ausprobiert, die keiner mag, um über kurz oder lang dann bei allen zu landen: bei Menschen mit Behinderungen, Mindestpensionisten, Frauen mit Kindern, chronisch Kranken - und jetzt sind wir gerade bei Arbeitssuchenden. Die «Unsympathischen» und zu Unpersonen gemachten dienen als Versuchslabor für neue Kontrollsysteme, die dann bei allen angewandt werden können. So bekommen Behörden die Macht, jede Ausgabe bei Bürgern zu kontrollieren und moralisch zu bewerten, warnt die Armutskonferenz vor illiberalen Tendenzen wie sie bereits in anderen Ländern sichtbar werden.