Löchriges Sozialhilfegesetz: Bewohner*innen von Wohnheimen wird Geld gestrichen
Sozialhilfe-Kürzungen für Menschen mit Behinderungen und Wohnungslose
Das SozialRechtNetz hatte im 2020 mehrere Fälle übernommen, in denen Menschen, welche in Oberösterreich in betreuten Einrichtungen leben, die Sozialhilfe gekürzt wurde. Argumentiert wurde das damit, dass die Bewohner*innen einer Haushaltsgemeinschaft zugehörig sind, wodurch eine Kostenersparnis eintritt. Obwohl sich die Betroffenen bereits vor Einführung der Sozialhilfe in einer finanziellen Notlage befanden, wurden ihnen durch die Sozialhilfe nochmals mehr als EUR 200 monatlich gestrichen (Details hier nachlesen).
Der Verwaltungsgerichtshof hat es abgelehnt, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Die Berechnung von Sozialhilfeleistungen für Menschen, die aus Gründen eines größeren Unterstützungsbedarfs gemeinsam in einer Wohngemeinschaft leben, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Zuge des NÖ-Ausführungsgesetzes diskutiert. Aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofs gibt es daher keine Notwendigkeit, diese Fragen neu aufzurollen. Sofern es Gemeinschaftseinrichtungen (Küche, Bad) gibt, die von den Bewohner*innen gemeinsam genützt werden, liegt nach Ansicht des VwGH eine Haushaltsgemeinschaft vor, die die Kürzungen rechtfertigt.
Einschätzung des SozialRechtsNetz
Die Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs ist lebensfremd und verkennt die Lebensrealitäten und die Möglichkeiten für Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen vollkommen.
Im Ergebnis wird Menschen, welche auf Grund Ihres Unterstützungsbedarfs eine besonders engmaschige Betreuung benötigen, Geld gestrichen, weil sie nicht alleine leben können bzw. weil es an entsprechenden Serviceleistungen fehlt, die ihnen ein Leben an ihrem ursprünglichen Wohnort gewährleisten. Im Ergebnis wird Menschen, deren Wahlmöglichkeiten bereits dramatisch eingeschränkt sind, die Möglichkeit geraubt, ein selbstbestimmtes menschenwürdiges Leben zu führen.
Hinter den rechtlichen Ausführungen des VwGH verbergen sich Menschen, denen vermittelt wird, dass ihre Einschränkungen keine Unterstützung verdienen, dass ihre Lebenssituation weniger wert ist. Für das SozialRechtsNetz ist nicht nachvollziehbar, warum Menschen, die auf die Wohnmöglichkeit in Wohnheimen angewiesen sind dafür finanziell bestraft werden sollen.
Jedenfalls wird durch das neue Sozialhilfegesetz eine Verschlechterung für Menschen in Not geschaffen, deren Auswirkungen die Armutskonferenz weiter thematisieren wird, um ein selbstbestimmtes und menschenwürdiges Leben für alle zu sichern.
Forderungspapier: 19 Punkte für eine neue Mindestsicherung