Tag der Arbeitslosen: Arbeitslos heißt nicht ohne Arbeit
Statement zur Aktion "Auch das ist Arbeit"
Eigentlich ist „arbeits-los“ das falsche Wort. Denn die Arbeitssuche ist vom Gesetzgeber als Tätigkeit vorgeschrieben. Und diese beinhaltet nicht nur, sich Gedanken zu machen, wo man eine Chance haben könnte, Bewerbungen zu schreiben und eventuell nachzutelefonieren. Man muss auch ständig bereitstehen und erreichbar sein. Dazu kommt noch die Aufgabe, motiviert und engagiert zu bleiben. Das wird umso schwieriger, je mehr Bewerbungen unbeantwortet bleiben, je erfolgloser man bei der Jobsuche ist. Oder anders ausgedrückt: Je länger man Arbeit sucht, desto demonstrativer sollte man diesen „Makel“ durch besondere Euphorie und Motivation wettmachen, während man eigentlich immer mutloser wird.
Während Arbeitslose Menschen also mit der Arbeitssuche beschäftigt sind oder sein sollten, wird diese Tätigkeit durch diverse Ideen gnadenlos unterlaufen. Etwa durch die Idee, dass Arbeitslose eh nichts tun und deshalb gefälligst gemeinnützig Schneeschaufeln oder sich sonst wie sinnvoll betätigen sollten. Aber genau so ist die Realität eben nicht. All das konterkariert letztlich auch die gesetzlich vorgeschriebene Arbeitssuche. Dazu kommen noch die vielen unbezahlten Tätigkeiten, die arbeitssuchende Menschen leisten – von Erziehungs- und Pflegearbeit bis hin zu ehrenamtlichem Engagement.
System der Widersprüche
Auch insgesamt besteht das ganze System aus lauter Widersprüchen: Denn einerseits wird bezahlte Arbeit in der Gesellschaft extrem betont, das gesamte Versorgungssystem beruht darauf, Versicherung, Pensionen etc. hängen davon ab. Andererseits treten politisch Verantwortliche mit Programmen an, Posten einzusparen, wo es geht. Eine „schlankere Verwaltung“ ist als großes Ziel in aller Munde. Dass Arbeitsplätze in Österreich zur Mangelware geworden sind, blitzt nur sporadisch auf, etwa dann, wenn man Flüchtlingen – genau aus diesem Grund – den Zugang zum Arbeitsmarkt verwehren will.
Was ergibt sich daraus?
- Wer etwas nicht ergattert, von dem es einfach zu wenig gibt, dem kann nicht die Schuld dafür zugeschoben werden. Das anzuerkennen, wäre ein Anfang.
- Eine logische Folge vom Mangel an bezahlter Arbeit könnte sein, sie diese anders zu verteilen. Man könnte mit einer radikalen Arbeitszeitverkürzung schauen, dass alle Arbeit haben. Natürlich müsste man zusätzlich darauf achten, dass alle davon leben können.
- Eine weitere Möglichkeit wäre die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens, das ganz von der Suche bezahlter Arbeit entkoppelt wird.
- Insgesamt könnte man auch den umgekehrten Weg einschlagen und den Begriff der Erwerbsarbeit auf die derzeit oft unbezahlte Care-Arbeit ausweiten und etwa Arbeit im eigenen Haushalt und für die eigenen Angehörigen ebenfalls entlohnen
Wie immer es weiter geht: Arbeits-los heißt nicht ohne Arbeit. Eine Entstigmatisierung wäre ein erster, wichtiger Schritt.
Wolfgang Schmidt, AMSEL (Arbeitslose Menschen suchen effektive Lösungen)
Mehr zur Aktion "Auch das ist Arbeit": www.arbeitplus.at/auch-das-ist-arbeit
Veröffentlicht am 2.5.2017