Ernährung
Ernährungssouveränität und Recht auf Nahrung
In reichen Ländern wie Österreich wird Armut kaum mit Hunger gleichgesetzt. Im Rahmen laufender Erhebungen der Armutsstatistik wird jedoch auch nach Ernährungsmöglichkeiten gefragt. Ausgaben für Ernährung zählen neben Wohnen und Energie zu den Hauptposten im Haushaltsbudget von Menschen, die unter der Armutsgrenze leben. Ein Blick auf Studien zur Ernährungsarmut zeigt, dass heutzutage vor allem der Zugang zu frischem Obst und Gemüse das größte Unterscheidungsmerkmal im Ernährungsverhalten unterschiedlicher Einkommensschichten darstellt. Neben der physischen ist dabei auch die soziale Dimension von Ernährung in den Blick zu nehmen.
Obwohl der Zusammenhang von mangelnder Gesundheit und Ungleichheit weit besser zu belegen ist als jener von falscher Ernährung und chronischen Krankheiten, werden armutsbetroffene Menschen häufig selbst für gesundheitliche Probleme verantwortlich gemacht. Aufgrund schlechter Ernährung würden sie zu Übergewicht neigen, damit ihrer eigenen Gesundheit schaden und das Gesundheitssystem belasten. Der Glaube an die alleinige Wirksamkeit von Information und Aufklärung ist in diesem Zusammenhang genauso abzulehnen, wie das Bestreben „falsches“ Essverhalten durch staatliche Sanktionen zu steuern.
Ernährungssicherheit gilt seit den späten 1950er-Jahren in den reichen Ländern Europas als Tatsache. Mit der Verbreitung von Sozialmärkten, die „Wegwerf-bzw. Restware“ verbilligt an Bedürftige vergeben, mehren sich jedoch die Zeichen für eine Bedrohung dieser Situation.
Sozialmärkte sind eine Notlösung und dienen der Symptombekämpfung. Ihre stigmatisierende Wirkung auf Betroffene muss deshalb genauso kritisch im Blick behalten werden, wie die im Hintergrund liegenden größeren globalen Probleme wie etwa Überproduktion und Spekulation.
Ernährungssouveränität, wie sie von Kleinbauern und -bäuerinnen des Südens entwickelt und gefordert wird, um das Selbstbestimmungsrecht aller Menschen in der Ernährungspolitik zu stärken, ist auch für armutsbetroffene Menschen in Österreich zu garantieren.
Zentrale Forderungen
- Anerkennung des Rechts auf Ernähungssouveränität
im Sinne der Selbst- bzw. Mitbestimmung von Verbraucher*innen und Produzent*innen über die Landwirtchafts- und Verbraucherpolitik in ihrem Land. - Vom Sozialmarkt zum Solidarmarkt
Entwicklung und Förderung von Initiativen lokaler Lebensmittelproduzent*innen und Konsumet*innen, die den einen alternative Verkaufsmöglichkeiten und den anderen erschwingliche gute und gesunde Lebensmittel bieten, z.B. CSA-Betriebe (Community Supported Agriculture, Food Coops etc.)
Weitere Informationen
Sozialpolitische Datenbank "Alles über und gegen Armut": Kartegorie Ernährung